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Faszikel Ib-15-1781
 

Transkription und digitale Edition von Jean Pauls Exzerptheften

Vorgelegt von: Sabine Straub, Monika Vince und Michael Will, unter Mitarbeit von Christian Ammon, Kai Büch und Barbara Krieger. Universität Würzburg. Arbeitsstelle Jean-Paul-Edition (Leitung: Helmut Pfotenhauer)

Förderung: Fritz Thyssen Stiftung (11/1998-12/2000) und Deutsche Forschungsgemeinschaft (01/2001-12/2005)
Projektleitung: Michael Will
Gesamtleitung: Helmut Pfotenhauer

Transkriptionsgrundlage: Nachlass Jean Paul. Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz. Fasz. Ib, Band 15

Bearbeitungsschritte:
Herbst 2000 MIWI Transkription
Oktober 2000 MIWI Autopsie Berlin
11.03.2003 MIWI Konvertierung von WORD in XML/TEIXLITE
21.11.2005 ST Fertigstellung Konvertierung WORD in XML/TEIXLITE
21.11.2005 ST Zweitkorrektur HTML-Ausdruck
21.11.2005 ST Zweitkorrektur Eingabe XML-Datei
13.09.2006 MIWI Zweite Autopsie Berlin
09.04.2010 CMC Zweites Online-Update

 

[Titelblatt]

Exzerpten.

Funfzehnter Band.

Exzerpten aus neuen teologischen Schriften.

Erster Band.

1781.

Leipzig.

 

[Manuskriptseite 1]

[Ib-15-1781-0001]
Neue Apologie des Sokrates oder Untersuchung der Lere von der Seligkeit der Heiden, von Iohann August Eberhard, Prediger in Charlottenburg. Zweiter Band. Berlin und Stettin, bei Friedrich Nikolai. 1778.

 

[Ib-15-1781-0002]
1) Religion der Altväter.

 

[Ib-15-1781-0003]
"Betrachten Sie, mein Freund! die Religion unter den Patriarchen des Menschengeschlechts! Wie einfältig! aber wie erhaben! wie wenig ihre Leren! aber wie herzzwingend die Kraft dieser Leren! Die Stämme noch ihrem Stamvater näher, noch mer Eine Familie; ieder noch mer Bruder, Vater, Son; der ganze Religionskodex, nicht in Folianten auf Bücherbrettern, sondern im Herzen; iede woltätige Erscheinung Gottes der Sele so nahe, daß ein gesalbtes Felsenstük, daß ein gesamleter Steinhaufen ein leichtes, wekkendes Denkmal sein konte; keine Mauren, die Mitanbeter ausschlossen – Erd' und Himmel ein algemeiner Tempel aller Vererer des Ewigen." S. 34.

 

[Ib-15-1781-0004]
2) Von der bürgerlichen Toleranz.

 

[Ib-15-1781-0005]
"Wenn es dem Stat obliegt, dem Bürger alle natürlichen Rechte zu sichern: so mus er ihn auch in seinem Rechte zur Religion schüzzen. Dieses ist ebenfals ein angebornes natürliches Recht, dessen ruhigen Genus die bürgerliche Geselschaft sichern sol. Die natürlichen Rechte sind nicht mit der Unverlezbarkeit seiner körperlichen Glieder, wie Hobbes wil, noch seines Eigentums, nach Pufendorf's und Lokke's Meinung erschöpft. Ist er zur Beförderung seiner ganzen Glükseligkeit verbunden: so die können die Bedürfnisse

 

[Manuskriptseite 2]

seiner Sele nicht übersehen werden. Es ist daher so weit entfernt, daß der Mensch bei dem Eintrit in die bürgerliche Geselschaft diesem Rechte des Urteils in der Religion entsagen solte, daß es vielmer zu den Rechten gehört, die er durch die Kraft der Vereinigung vor aller Beeinträchtigung in Sicherheit bringen wil. Der geselschaftliche Vertrag kan an den Rechten und Pflichten nichts ändern, die durch das Wesen des Menschen unmittelbar bestimt werden. Diese gehen vor demselben her, und ihr ungestörter Genus ist dasienige, warum der freie Mensch diesen Vertrag eingeht.

 

[Ib-15-1781-0006]
In Ansehung des Urteils in Religionssachen ist also die volkommenste äusserliche Gleichheit unter den Menschen, die durch den geselschaftlichen Vertrag nicht aufgehoben wird. Denn hat der Mensch bereits als Mensch die Pflicht seine Sele durch die Erkentnis Gottes zu veredeln: so mus er, als solcher, auch das volkommene Recht haben, dabei seinem Urteile zu folgen; es würde wider die natürliche Gleichheit sein, wenn er ungestraft darin von einem Andern könte gekränkt werden. Die ganze Änderung, die der geselschaftliche Vertrag in dem Gebrauch dieses Rechts macht, ist, daß die Beschüzzung desselben dadurch dem Stat' übertragen wird.

 

[Ib-15-1781-0007]
Es würd' ungereimt sein, diese Freiheit des Urteils blos auf die innere Handlung der Sel' einzuschränken. Darf's noch untersucht werden, ob die Obrigkeit das erlauben müsse, wovon ihr nichts bekant werden kan, und was sie nie wird hindern können? Wenn also die ganze Untersuchung über das Recht des eignen Urteils in der Re

 

[Manuskriptseite 3]

ligion sol einen Sin haben: so mus sie die öffentliche Mitteilung dieses Urteils betreffen. In der Tat läst sich das Eine one das Andre nicht denken. So wenig es sich denken läst, daß überhaupt irgend eine menschliche Erkentnisart one gegenseitige Mitteilung der Einsichten nur zu einem verträglichen Grade der Volkommenheit gelangen könne; so wenig läst sich das von der Erkentnis Gottes hoffen, zu der all' andern Kentniss' hinstreben müssen. Und, – was noch vorzüglich hieher gehört – kan die menschliche Sele den Wert irgend einer Erkentnis fülen, one sie mitteilen zu wollen, one zu glauben, daß sie verbunden sei, auch andre durch ihre Bekantmachung zu beglükken? Solt' hier die Religion eine Ausname machen? oder bringt sie uns die Verbidnlichkeit zur Beförderung der Ere Gottes durch das Bekentnis ihrer Überzeugung, den Ausdruk ihrer Empfindung, und die Mitteilung ihrer Leren nicht selbst an's Herz?

 

[Ib-15-1781-0008]
Das Recht des Privaturteils ist also ein angebornes und unveränderliches Recht. Es giebt dem Menschen den rechtmässigen Anspruch auf den Schuz des Stats bei dem Gebrauche seines Urteils. Dieser Anspruch gründet sich nicht auf die Warheit seiner Urteile, sondern auf die Unschädlichkeit in Ansehung der Recht' andrer Menschen. Wer das Recht, geduldet zu werden, blos der Warheit einräumt, der mus es dem Irtum absprechen, das heist im Grunde nichts anders, als er gestehet es blos seiner eignen Partei zu. Er wird also alle die Strafen, die

 

[Manuskriptseite 4]

man sonst gegen die Kezzer gebraucht hat, für rechtmässig halten, und solt' es auch die Todesstrafe sein." Seit. 119-122.

 

[Ib-15-1781-0009]
3) Von der Art der Schriftsteller des N. T., zu beweisen.

 

[Ib-15-1781-0010]
"Ein Bild hat in der iüdischen Opfersprache mer als eine Bedeutung. Wenn diese Sprache eine bestimmte genaue Sprache wäre, würde man es den Schriftstellern vergeben können, daß sie so wilkürlich mit ihren Zeichen umgehen? An einem Orte (Ebr. 2, 17.) ist Iesus der opfernde Priester, an einem andern (Ioh. 1, 29.) ist er das Opfer selbst. Wenn seine Handlungen ein notwendiges Verhältnis zu dem Einen oder zu dem Andern hätten: um richtig zu sprechen, um one Misdeutung verstanden zu werden, müste man sich nicht an das Eine oder das Andre von diesen Bildern halten? Aber nein! bald bezeichnet ihn dieses, bald bezeichnet ihn ienes; weil, nach einer geltenden und stilschweigend verabredeten Sprachart und Auslegungsmetode, ds loseste Band irgend einer Änlichkeit, Red' und Sin zusammen knüpfte. Wenn wir solche Argumentazionen in unsere genauere Sprach' übersezzen wolten: so würden sie ungefär so lauten: "Eine iüdische Opferreligion kan nicht ewig noch algemein sein. Wenn ihr aber durch eure heiligen Schriften euch an Priester und Opfer gebunden glaubt: wolan! so ist hier der Mitler eines besssern Bundes, der ist Opfer, der ist Priester. Er ist Opfer, und ein weit besseres, denn seine Entsündigungen sind sitlicher Art, nicht blos von bürgerlicher Kraft; sie brauchen nicht wiederholt zu werden, denn sie nuzzen denen, die sich

 

[Manuskriptseite 5]

ihrer bedienen, auf ewig. Er ist Priester: aber sein Opfer ist edlerer Art, und seine Segnungen sind von höherm Werte, als gewonnene Schlachten, und Fülle der Keller und Scheunen – er giebt auch den Frieden mit euch selbst, das Bürgerrecht des Himmels, und Füll' an innerer Herzensseligkeit." Was konten die iüdischen Gelerten hiegegen einwenden? und die Ungelerten – wie wonnevol must' ihnnen die Entdekkung sein, in den Schriften Mosis und der Propheten etwas zu sehen, was sie bisher nicht darin gesehen hatten, und was doch über das Herz eine so angeneme Gestalt hat. Ferner: eine Stelle des A. T. wird in verschiednem Sinne und zur verschiedner Absicht angefürt: z. B. Es. 6, 9. verglichen mit Matt. 13, 14. Ioh. 12, 40. ferner: Ps. 2, 7. Ap. Gesch. 13, 33. Ebr. 1, 5. Endlich: eine iede mögliche Lesart des Textes oder Auslegung eines angesehenen Übersezzers wird one Bedenken angenommen, wenn sie dem Schriftsteller zum Beweise seines Sazzes behülflich ist. Sehen Sie nur, wie der Verf. des Briefs an die Ebräer argumentirt, wenn er aus Ps. 110, 4. den Vorzug Iesu über das iüdische Priestertum herleitet. Ebr. 5, 6. 10. 6, 20. 7, 11. 17. 21. Der Verf. des Psalms hat hier nicht an den Melchisedek gedacht, nur die 70 Dolmetscher machen aus zwei ebräischen Worten eines, aus gerechter König, Melchisedek, und ihr Ansehn ist dem Apostel hinreichend, seinen Beweis damit durchzufüren." – S. 220-223.

 

[Ib-15-1781-0011]
4) Es ist ungereimt anzunemen, Christus habe dem Vater das Lösegeld für unsre Sünden bezalt.

 

[Ib-15-1781-0012]
"Gewis dies läst sich nicht behaupten! Denn Got gab

 

[Manuskriptseite 6]

ia selbst aus grosser Barmherzigkeit das Lösegeld, indem er also die Welt liebte, daß er seinen eingebornen Son gab. Sagen, daß Christus die Gerechtigkeit Gottes befriedigte, indes daß Got diese Genugthuung selbst verschafte, heist, nach meiner Meinung, die ganze Streitsache geradezu aufgeben. Es ist eben so viel, als wenn man sagte, daß iemand, der Ihnen eine grosse Geldsumme schuldig ist, Ihnen seine Schuld bezalt, mit Gelde, das er aus ihrer eignen Tasche nimt. Das heist eine Schuld schenken, und kan niemals eine gesezliche Bezalung genant werden. Ist der Schuldner nach dieser idealen Genugtuung mer ein Gegenstand der Lieb' als vorher?" S. 289-290.

 

[Ib-15-1781-0013]
5) Das Wort "Opfer" wird im N. T. in verschiedenem Sinne gebraucht.

 

[Ib-15-1781-0014]
"Die Apostel redeten von den innerlichen frommen Handlungen in Bildern, die von den äusserlichen Handlungen des öffentlichen Gottesdienstes hergenommen waren, bald wegen Änlichkeit der Absicht in Beiden, bald wegen ihres gegenseitigen Verhältnisses, als Sin und Ausdruk, Ursach und Wirkung, Mittel und Endzwek. So nante Paullus sein edles bemühen in der Predigt des Christentums (Phil. 2, 17.) so nant' er die Almosen der Christen (Phil. 4, 18. Ebr. 13, 16. Röm. 12, 1. 15, 16) so nant' er ihr Gebet O* (1 Petr. 2, 5. Ebr. 13, 15) Opfer, und das fromme Leben derselben den priesterlichen Tempeldienst Phil. 2, 17. ??????????, welches von dem Tempeldienst der Priester gebraucht wird. Luk. 1, 23.

 

[Manuskriptseite 7]

vergl. mit v. 8. – Ich kan mich nicht enthalten, bei dieser Stelle etwas zu bemerken, das vorzügliche Aufmerksamkeit verdient; das gotselige Leben wird darin ein Opfer (?????) genant; so nent eben der Apostel an einem andern Orte die Werke der Barmherzigkeit, mit dem Beisazze: ein süsser Geruch. (Phil. 4, 18.) Wenn nun Iesus (Ephes. 5, 2.) ein Opfer zum süssen Geruch (????? ??? ????? ???????) genant wird, kan das einen andern Sin haben, als den: daß sein Tod, sofern er darin die volständigste Tugend und Heiligkeit, die höchste Volkommenheit einer verständigen Natur, und also aller Dinge, dargelegt, Got angenem und ergözzend sein müsse." S. 303-304.

 

[Ib-15-1781-0015]
5) Zwei Beispiele von Akkommodazionen im N. T.

 

[Ib-15-1781-0016]
"Die erste Stell' ist Matth. 17, 10-12. verglichen mit Ioh. 1, 21. Elias wird allerdings kommen, und alles wieder herstellen. Doch ich sag' euch, Elias ist schon gekommen, und sie haben ihn nicht erkant." Es war zu den Zeiten Iesu die algemeine Meinung unter den Iuden, daß Elias vor der Ankunft des Messias erscheinen werde. Diese Meinung gründete sich auf eine Rede des Propheten Malachias (4, 5.) die nach einer genauern Übersezzung so lautet: "Siehe, ich wil euch senden den Propheten Elias, ehe der Tag des Ewigen kömt, gros und schreklich. Der sol das Herz der Väter wie a)Luther's Übersezzung hat: "er wird bekeren das Herz der Väter zu den Kind den Kindern u. s. w." Diese Übersezzung des hebräischen Worts $$$$ schreibt sich von den 70 Dol

 

[Manuskriptseite 8]

metschern her, die's durch ???? gegeben haben. Es ist aber bereits von andern bemerkt worden, daß die hebräische Partikel $$ auch oft mit, nebst, bedeute; als Hesek. 16, 37. wo's Luther ganz richtig übersezt hat. "Darum siehe! ich wil samlen alle deine Bulen – samt (ebr. $$$) allen, die du für deine Freund' hieltest." a) Luther's ... hieltest."] Durch horizontle Linie vom Haupttext getrennt am unteren Seitenende angefügt.der Kinder, und der Kinder wie der Väter

 

[Manuskriptseite 8]

bekeren; damit ich nicht komme, und schlage das Land mit Ban. Sie sehen wol, daß hier von dem grossen Ungemach die Rede sei, das die iüdische Nazion in den unglüklichen Kriegen mit den Königen von Babylon traf, und das sich endlich mit ihrem babylonischen Elend endigte. Ehe diese fürchterlichen Plagen eintreffen solten, wolte der Ewige noch einen Versuch machen, der Sittenverderbnis unter dem Volke, das sich selbst dem Untergange weihete, durch die Ermannungen weiser Patrioten, deren Zuruf an Feur und Kraft dem Zuruf des Tisbiten, des grossen Patrioten, gleich sein solte, zu steuren. Durch einen Misverstand, der sich auf die unrechte Dolmetschung des Worts gründet, das ich durch bekeren verdeutscht habe, b) Das Wort $$$ das bekeren heist, hat die griechische alexandrinische Übersezzung durch ????????????? gegeben. Dieses griechische Wort konte nun immer den Sin haben, "er wird alles wieder auf die alte Einfalt und

 

[Manuskriptseite 9]

Reinigkeit der Sitten zurükfüren," und so versteht's Iesus, indem er die Worte des Propheten anfürt. Allein die Iuden scheinen's nicht so zu verstanden zu haben. b) Das Wort ... haben.] Durch horizontale Linie vom Haupttext getrennt am unteren Seitenende angefügt. entstand unter den Iuden die Meinung, als wenn Elias kommen, das iüdische gemeine Wesen von der Unterdrükkung der Römer befreien, und wieder in seinem alten Glanz herstellen solte. Die evangelische Geschichte beweiset es genug, daß die Iünger Iesu Anfangs von diesem Vorurteil' angestekt

 

[Manuskriptseite 9]

waren, und daß sie wirklich mit ihren Mitbürgern den Elias erwarteten, der schon ehemals den Feinden des iüdischen Namens wa furchtbar gewesen. Man kan leicht erachten, daß dieser Wan ihren Glauben an Iesum, dem alle Kenzeichen des Messias, des grossen Beherschers der Nazionen zukamen, ser gefärlich werden konte. Solten sie aber durch den langen und mislichen Weg der buchstäblichen Auslegung auf den waren Sin der Weissagung gefürt werden, solte sie Iesus überzeugen, daß der Prophet von keiner sichtbaren Erscheinung des Tisbiten zu der Zeit des Messias rede, oder war's nicht schwerer, sich zu ihrer Beruhigung der Metode zu bedienen, der sie sonst schon gewont waren? Und dieser Metode bedient er sich. Wenn ihr meint, antwortet er, daß eine Erscheinung des Elias vor dem Messias hergehen müsse, wol! so kan ich euch denn sagen: "Elias ist erschienen,nicht zwar die nämliche Person, die ehemals diesen Namen unter euren Vätern fürte. Iohannes ist der Elias; denn er hat getan, was dieser tun solte, er hat unsre Mitbürger von ihrer Sittenlosigkeit zur waren Gottesvererung bekeren, und sie gegen die Unterweisungen des geistlichen Regenten, den er euch ankündigte, gelerig und dankbar machen wollen. Ihr habt also nicht Ursach zu zweifeln, daß die innere Glükseligkeit, die euch meine Lere * verschaffen sol,

 

[Manuskriptseite 10]

die Herlicheit sei, die ihr von dem Messias zu erwarten habt." – Ist das nicht volkommen die Belerungsart, der sich die Apostel bedienen, wenn sie von Priestern und Opfern des N. T. reden? Ihr glaubt Opfer und Priester entberen zu müssen, hier ist ein Opfer – hier ist ein Priester! – Ihr glaubt, daß das Reich des Messias one den Elias nicht erscheinen könne; hier ist Elias! – Iohannes ist Elias! Gleichwol antwortete Iohannes selbst auf die Frage: Bist du Elias? ich bin's nicht! Also: Iesus sagt: (Matth. 17, 10-12) Iohannes ist Elias, und Iohannes selbst sagt: (Ioh. 1, 21) ich bin nicht Elias! Kan man diesen augenscheinlichen Widerspruch anders heben, als indem man annimt, Iesus habe sich zu der herschenden Meinung der Iuden von der Erscheinung des Elias in den Tagen des Messias herabgelassen, und den Iohannes durch eine gewönliche Akkomodazion Elias genant? Dieses wird dadurch noch mer bestätigt, daß Iesus es gewissermassen freistelt, ob man ihn für den Elias annemen wolle, Matth. 11, 14. "und wenn ihr's glauben wolt, (?? ?????? ???????) er ist der Elias, der kommen sol."

 

[Ib-15-1781-0017]
Die andere Stell' ist Matth. 12, 39-41. verglichen mit Luk. 11, 29. Die Iuden, welche ein Zeichen forderten, werden auf das Zeichen des Ionas verwiesen; allein in einem verschiedenen Sinne. c)c) Man erlaube mir hier eine Vermutung über das Zeichen anzubringen, das die Iuden forderten. "Mache dich erhaben," schrie die Menge, "bezeichne dich als den Messias. Unser

 

[Manuskriptseite 11]

Messias sol der Hersteller unsers Rums und unseres gemeinen Wesens, sol der Vertilger unsrer Feinde sein. Wolan! betrage dich als einen solchen! Du siehst uns hier unterdrükt von römischen Feldherren und Heren! vertilge sie, las, wie ehemals Elias seinen Verfolgern tat, las sie verzerendes Feur vom Himmel fressen. Tu ein solches Zeichen vom Himmel, dan wollen wir dich als unsern Messias erkennen." "Ein solcher Messias wil ich nicht sein," ist die Antwort Iesu, "ich wil euch nicht durch ein solches Zeichen von euren Feinden befreien, und euren Stat und Gottesdienst wiederherstellen. Ich wil mich verherlichen indem ich euch von der Kneths Knechtschaft der Laster und des Irtums befreie; so wie sich Ionas einen preiswürdigen Namen machte, dadurch daß er durch seine Predigt von der Sittenlosigkeit zur Tugend fürte." Soviel mir bekant ist, hat noch kein Ausleger dieses Bestimte gesagt; und doch scheint bei'm Lukas das Folgende ausdrüklich auf dieses Bestimte zu deuten. – Beim Mattäus ist dieses Zeichen der dreitägige

 

[Manuskriptseite 11]

Aufenthalt des Propheten im Walfisch, angewendet auf den Aufenthalt Iesu im Grabe, in Lukas ist's blos die Predigt Ionas und die Busse der Niniviten. Man mus hier annemen, daß entweder Iesus selbst, oder die beiden Geschichtschrei

 

[Manuskriptseite 12]

ber eine verschiedne Anwendung von der Geschichte des Propheten gemacht haben. In beiden Fällen ist's klar, daß eine wilkürliche Akkommodazion in die Erzälungen des A. T. einen lerreichen Sin legte, um sich zu der Fassung und Denkungsart der Zuhörer herabzulassen. Haben die Evangelisten die Anwendung selbst gemacht, so haben sie der Rede Iesu: "Ihr solt das Zeichen des Ionas haben" ein iedna* ieder nach seinem Zwek und seiner Einsicht seine eigne Auslegung gegeben; hat Iesus selbst zu verschiednen Zeiten, von der nämlichen Geschicht' einen verschiednen Gebrauch gemacht: so ist's ebenfals leicht einzusehen, daß er's nach einer damals üblichen Lermetode getan habe. – –" Seit. 316-322.

 

[Ib-15-1781-0018]
II.

 

[Ib-15-1781-0019]
ud

 

[Ib-15-1781-0020]
und seid

 

[Ib-15-1781-0021]
mein
]Federproben Jean Pauls